Der am Montag, 28.02. präsentierte Bericht des UNO-Weltklimarats (IPCC) ist ein eindringlicher Weckruf: Mit jeder weiteren Verzögerung bei Maßnahmen für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel werde sich „das Fenster der Gelegenheit schließen, eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle zu sichern“. Die Erderwärmung und Extremwetter drohen Millionen in die Armut zu stürzen.
Schon jetzt sei knapp die Hälfte der Menschheit durch den Klimawandel „hochgradig gefährdet“. 3,3 bis 3,6 Milliarden der knapp acht Milliarden Menschen weltweit seien bereits „sehr anfällig“ für die Folgen der Erderhitzung. Die Klimakrise und damit in Verbindung stehende Extremereignisse drohen Millionen Menschen in die Armut zu stürzen.

Steigende Lebensmittelpreise, ein gestörter globaler Handel und Verwerfungen auf den Arbeitsmärkten könnten die Folgen sein. Der Bericht spiegelt den jüngsten globalen Konsens in der Klimawissenschaft wider. Der Wandel drohe die Welt schneller zu verändern als bisher angenommen.
Die gesammelten wissenschaftlichen Belege sind eindeutig: Der Klimawandel ist eine Bedrohung für das Wohlergehen des Menschen und die Gesundheit des Planeten, heißt es in einer Zusammenfassung des 2. Teils des 6. IPCC-Sachstandsberichts zum Thema „Klimawandel 2022: Folgen, Anpassung und Verwundbarkeit“. Der erste Teil über die wissenschaftlichen Grundlagen kam im August 2021 heraus. Der dritte Teil wird im April erwartet.
Zeitfenster für Klimarettung schließt sich
„Es ist dramatisch“, bringt es der Innsbrucker Klimaforscher Georg Kaser und IPCC Review Editor auf den Punkt. Der 3.675 Seiten starke IPCC-Bericht warnt vor den katastrophalen Auswirkungen der Erderhitzung – wenn nicht rasch gegengesteuert wird. Die wichtigsten Erkenntnisse: Europa erhitzt sich schneller als bisher angenommen und mehr als der globale Schnitt. In Österreich sind es bereits 2,2 °C, das globale Mittel liegt bei 1,1 °C.
Für Europa wurden vier Schlüsselrisiken ermittelt: Hitze, daraus resultierende erhöhte Sterblichkeit, Wasserknappheit und die Zunahme von Überschwemmungen. Der Bericht sei „eine eindringliche Warnung vor den Folgen der Untätigkeit“, sagte IPPC-Vorsitzender Hoesung Lee.
Extremereignisse, Hitzestress für Mensch und Natur nehmen mit steigenden Temperaturen zu, ebenso Wasserknappheit und Überschwemmungen. Niederschläge werden seltener, fallen dafür aber regional heftiger aus. Die Zahl der Todesfälle sowie die Zahl der durch Hitzestress gefährdeten Menschen wird bei drei Grad im Vergleich zu 1,5 °C um das Zwei- bis Dreifache ansteigen.
Seit 2013 gab es in Österreich durchschnittlich 500 Hitzetote im Jahr. Vor allem alte und chronisch kranke Menschen haben ein hohes Risiko, an den Folgen der Hitze zu sterben. Bei über drei Grad Erderhitzung endet laut IPCC-Bericht mit hoher Wahrscheinlichkeit jegliches Anpassungspotenzial der Menschen.

Tausende Pflanzen- und Tierarten könnten aussterben
Für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten geht es angesichts der voranschreitenden Klimakrise bereits ums Überleben. Schon bei einer Erderwärmung um 1,5 Grad besteht laut dem Bericht für bis zu 14 Prozent der Arten an Land ein „sehr hohes“ Risiko auszusterben. Bei einer sich derzeit abzeichnenden langfristigen Erderhitzung um drei Grad betreffe dieses Risiko sogar 29 Prozent der Arten an Land.
„Der Zeitpunkt wichtiger biologischer Ereignisse wie Fortpflanzung oder Blüte verändert sich“, berichten die Wissenschaftler. „Steigende Temperaturen und extreme Ereignisse wie Dürren, Überschwemmungen und Hitzewellen setzen Pflanzen und Tiere klimatischen Bedingungen aus, die sie seit Zehntausenden Jahren nicht mehr erlebt haben.“
Der Schutz von Artenvielfalt und Ökosystemen ist laut IPCC aber wiederum „grundlegend“, damit die Erde im Zuge des Klimawandels widerstandsfähig bleibe. Sinnvoll sei daher, 30 bis 50 Prozent der Land- und Meeresgebiete unter Schutz zu stellen.
Noch nähmen Ökosysteme mehr Treibhausgase auf, als sie selbst verursachten, heißt es in dem IPCC-Bericht. Das ändere sich aber, wenn Urwald abgeholzt und Torfmoorgebiete trockengelegt werden und der arktische Permafrost schmilzt. Diese Trends könnten laut Wissenschaftler noch umgekehrt werden, wenn Ökosysteme instand gesetzt, wieder aufgebaut und gestärkt sowie nachhaltig bewirtschaftet werden. „Gesunde Ökosysteme und eine reiche Artenvielfalt sind die Grundlage für das Überleben der Menschheit“, heißt es in dem Bericht.
Die Welt muss dringend handeln
Noch ist Zeit zu handeln, sind sich die Forscher einig. Der Pariser Klimavertrag gibt vor, was zu tun ist, nämlich den weltweiten CO2-Ausstoß so weit zurückzufahren, dass die Erderhitzung bis 2050 unter 1,5 °C bleibt. Der Weg in eine klimafreundliche Zukunft werde von der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern gebremst, hieß es dazu in einem Statement von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler. „Gerade jetzt müssen wir raus aus den Fossilen und in den Ausbau von Erneuerbaren investieren.“ Der Bericht zeige deutlich, dass die Menschen durch die Klimakrise verwundbarer denn je seien. „Das Gute ist, das bestätigt uns auch der IPCC-Bericht: Wir können mit ambitionierten Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen die Klimakrise wirksam eindämmen.“
Die Klimaveränderungen in unserer Region
Die ZAMG, Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, hat für unsere Gemeinden die zukünftigen Temperatur-Veränderungen erarbeitet. Die folgende Grafik zeigt, dass die mittlere Jahrestemperatur in der KLAR! Oberes Liebochtal zwischen 1971 und 2000 bei 8,7 °C lag. Messdaten zeigen, dass die Temperatur in der Vergangenheit kontinuierlich stieg; das Jahr 2020 lag mit 10,2 °C bereits 1,5 °C über diesem langjährigen Mittelwert:

Die Grafik zeigt uns darüber hinaus die mögliche Entwicklung der jährlichen Mitteltemperatur bis zum Ende des 21. Jahrhunderts. Ohne Anstrengungen im Klimaschutz befinden wir uns auf dem roten Pfad, der für die Region einen weiteren Temperaturanstieg um etwa 5 °C bedeutet. Mit ambitioniertem Klimaschutz schlagen wir den grünen Pfad ein, der die weitere Erwärmung langfristig auf etwa 1,5 °C begrenzt.
Das gesamte Klima-Infoblatt für die Region Oberes Liebochtal ist hier abrufbar: